Düsseldorf Peloton ist ein Gewinner der Coronakrise. Die Nutzung der edlen Spinningbikes, auf denen Stars wie Ellen DeGeneres, Barack und Michelle Obama, Leonardo DiCaprio und Hugh Jackman und sogar US-Präsident Joe Biden trainieren, stieg in den Lockdowns so rasant an, dass es zu Lieferengpässen kam.
Jetzt legt Peloton nach und bringt sein Laufband Peloton Tread nach Deutschland. Zum Verkaufsstart am 28. September gibt es drei deutsche Lauftrainer. In den USA sorgte das 2495-Euro-Laufband schon Anfang des Jahres mit einem Super-Gau für Negativschlagzeilen: Im April kam ein sechsjähriges Kind durch das Gerät (das Premiummodell „Tread+“) seiner Eltern ums Leben, weil es unter das Band gezogen worden war. Die Geräte, die jetzt hierzulande auf den Markt kommen, wurden überarbeitet.
Wie auch beim Peloton Bike gibt es zwei Varianten des Laufbandes. In Deutschland wird nur die günstigere verkauft. Sie kostet 2495 Euro und hat den gleichen 23,8-Zoll-Touchscreen plus Soundsystem wie das Peloton Bike+. Dazu kommen 39 Euro im Monat, um die angebotenen Kurse (live aus London und New York oder „on demand“) nutzen zu können. Das Handelsblatt hat das erste Test-Exemplar in Deutschland ergattert und folgende Aspekte unter die Lupe genommen:
1. Wie viel Platz braucht das Peloton-Laufband?
Im ersten Moment war ich schon enttäuscht, nicht das Premium-Band testen zu können. Aber in dem Moment, in dem die beiden Transporteure mit dem „kleineren“ Tread vor der Haustür stehen, mache ich drei Kreuze, dass es das Riesen-Modell in Deutschland nicht zu kaufen gibt.
Die Männer sind zwei Kaliber vom Typ Popeye und Tarzan und sicherlich gewöhnt, schwere Gewichte zu heben. Beim Tread müssen sie aber ordentlich ranklotzen, um die 15 Stufen bis zur Eingangstür zu bewältigen. Kein Wunder: Das Laufband wiegt über 130 kg – und es ist groß! Konkret 1,73 Meter lang, 84 cm breit und 1,57 Meter hoch.
Die „kleinere“ Version des neuen Peloton-Laufbands ist ab heute in Deutschland verfügbar. Das Premium-Modell „Tread+“ wird es hier nicht geben.
Der für das sichere Workout mit dem Laufband benötigte Raumbedarf ist noch größer: Unmittelbar hinter dem Laufband sollten mindestens zwei Meter Platz sein und jeweils mindestens 60 cm auf allen anderen Seiten – also quasi Malibu-Verhältnisse!
Eigentlich ist mein ausgeräumtes Homeoffice-Büro (ich arbeite während der Testphase jetzt im Schlafzimmer) zu klein – aber Popeye und Tarzan schaffen das Laufband weder hoch in die zweite Etage, weil der Abstand zum Treppengeländer nicht mindestens 85 Zentimeter beträgt, noch zurück in ihren mattschwarzen edlen Peloton-Lieferwagen. Also richten wir gemeinsam das Tread ein. Optik: robust, edel und hochwertig.
2. Braucht man ein Peloton-Abo für das Tread?
Ja. Da ich von meinem Peloton-Bike-Test schon einen Account habe, dauern Login und Einrichtung bei mir zum Glück nur wenige Minuten.
Mit dem Abo bekomme ich eine Menge Abwechslung geboten: Zwar stehen bei Peloton Cycling und nun auch Running im Vordergrund, es gibt allerdings noch viel mehr Disziplinen, die man im Abonnement für 39 Euro im Monat trainieren kann. Zum Beispiel kann ich von Trainern und Trainerinnen geleitete Meditationen und Yoga-Work-outs machen oder Bootcamps, Krafttrainings und Stretching-Einheiten. Es ist diese Kombination mehrerer Trainingsarten, mit der Peloton sich von Wettbewerbern absetzen will.
Besonders positiv ist mir aufgefallen, dass die Work-outs nicht direkt von 0 auf 100 gehen, sondern zu jeder Session eine gute Aufwärmeinheit gehört, die sich auch nicht überspringen lässt. Genauso bieten die Trainer im Anschluss an eine harte Intervall-Einheit die Gelegenheit zum Cooldown und Stretching. Das schützt vor Verletzungen.
Wenn ich unterwegs bin und die Peloton-App auf meinem Handy installiert habe, kann ich außerdem die Work-outs via Handy starten und bspw. im Hotelzimmer über Airplay auf dem Fernsehbildschirm laufen lassen oder mich über den Browser auf dem Laptop einloggen und ein Yoga-Training oder ein Stretching-Work-out absolvieren.
3. Was kann das Tread-Laufband?
Wenn ich ein Peloton-Laufband habe, trainiere ich via Livestream mit der ganzen Welt – und die ganze Welt mit mir. Wenn ich möchte, kann ich mich mit anderen zum Training verabreden, sie anfeuern oder mich über eine Echtzeitrangliste mit ihnen messen. Es kann sogar passieren, dass ich von einer Trainerin während des Live-Work-outs angesprochen werde. Das macht den Hype um das Laufband aus.
Gleichzeitig können die Kurse aber auch zu jeder anderen Zeit gestartet werden. Ob ich live dabei bin oder nicht, bleibt mir selbst überlassen – genauso, ob ich die kleine Bildschirmkamera aktiviere und von anderen Usern beim schweißtreibenden Training gesehen werden kann.
Ein Raum, ein Laufband
Das Peloton-Laufband braucht richtig viel Platz – vor allem aus Sicherheitsgründen. Infrage kommt das Gerät wohl leider nur, wenn man eine große Wohnung hat.
Technisch kann ich auf dem Tread bis zu 20 km/h schnell laufen. Das entspricht einer Geschwindigkeit von drei Minuten pro Kilometer, die eigentlich nur von Hochleistungssportlern erreicht wird. Außerdem lassen sich Steigungen von bis zu 12,5 Prozent einstellen, um steile Bergsprints zu simulieren oder pulstreibende Wanderungen in Südtirol. Praktisch: Wenn ich mal keine Lust auf eine harte Laufeinheit habe, fällt es mir leichter, mich zu einer 40-Minuten-Wandereinheit mit abwechselnden Steigungen zu motivieren. Denn auch dabei komme ich absolut auf meine Kosten und fühle mich hinterher so richtig schön ausgepowert.
4. Was kann das Peloton-Tread nicht?
Im Gegensatz zum Bildschirm beim Peloton-Bike ist der Bildschirm am Tread nicht um 360 Grad drehbar. Das hat es beim Bike einfacher gemacht, auch an den anderen Work-outs teilzunehmen, weil ich die Yogamatte einfach da hinlegen konnte, wo gerade Platz war. Beim Tread ist das anders: Wenn ich freien Blick auf den Trainer oder die Trainerin haben will, muss ich mich eigentlich direkt hinter das Laufband legen, und das geht nur, wenn ich einen richtig großen Raum habe – habe ich aber nicht!
Ansonsten bleibt mir nur der Umweg, dass ich andere Work-outs über die Handyapp starte und auf meinem TV im Wohnzimmer vor dem Sofa streame.
Extrem blöd finde ich allerdings, dass ich die Laufeinheiten überhaupt nicht unterbrechen kann, etwa weil ich auf Toilette muss oder der Paketbote klingelt. Hier will Peloton nachbessern – wann, ist aber unklar.
Was ich auch vermisse, ist die Option, automatische Tempo-Steigerungen mit einem Knopfdruck zu aktivieren – so, wie die Trainerin es auf dem Bildschirm gerade vorgibt. Das kenne ich nämlich vom Peloton Bike, wo man dann nicht, wie etwa beim Spinning im Fitnessstudio, schummeln und den Widerstand unentdeckt lassen kann. Was viele ambitionierte Läufer auch vermissen werden: Peloton bietet kein pulsgesteuertes Training. Da sind andere Anbieter schon weiter. Geräte, die das können, passen entweder die Steigung oder die Geschwindigkeit so an, dass ich die Zielherzfrequenz erreiche oder den angepeilten prozentualen Wert meiner maximalen Herzfrequenz.
Punktabzug gibt es auch beim Thema Belüftung. Ich kenne Laufbänder in Fitnessstudios, die um den Bildschirm herum integrierte Ventilatoren haben. Leider sucht man beim Tread danach vergeblich. Also musste ich wieder meinen uralten Turmventilator aus dem Keller kramen, damit ich nicht mit roter Birne in meinem kleinen Kämmerlein überhitzt vom Band plumpse.
Und jetzt noch das Thema Krach: Während das Peloton-Bike bemerkenswert leise ist, produziert das Laufband ganz schön viel Lärm! Ich hatte mein erstes Intervall-Lauftraining noch keine zehn Minuten gestartet, da stand schon meine Nachbarin vorm Fenster. Ihr Urteil: „Das hört sich an, als wäre der Dritte Weltkrieg ausgebrochen.“
5. Wie sicher ist das Peloton?
Das smarte Laufband übt offenbar eine magische Anziehungskraft auf Kinder aus – auch auf die zehnjährige Tochter meiner Partnerin, die regelmäßig darum bettelte, auch mal aufs Tread zu dürfen. Es darf allerdings offiziell nur von mindestens 16-Jährigen genutzt werden. Immerhin hat Peloton zwei wesentliche Dinge nachgebessert, die für mehr Sicherheit sorgen. So gibt es einerseits einen Sicherheitsclip an einer Kordel, den man am T-Shirt befestigt. Wird das Tempo zu schnell und man entfernt sich zu weit nach hinten, reißt der Clip, der zusätzlich mit Magnet vorne unter dem Bildschirm befestigt ist, ab, bevor man runterfällt. Das Laufband stoppt dann sofort.
Mehr Sicherheit
Ein Sicherheits-Pin soll verhindern, dass Kinder Zugriff auf das Laufband haben. Erlaubt ist es erst ab 16 Jahren und einem Mindestgewicht von 48kg.
(Foto: Peloton)
Außerdem gibt es am vorderen Haltegriff einen Not-Aus-Knopf, den man drücken kann, wenn einem die Puste ausgeht. Was mir besonders gut gefällt: Das Laufband ist mit einem Pin geschützt, ohne den gar nichts geht. Wenn ich unterwegs bin, muss ich also keine Angst haben, dass unsere Kurze da plötzlich ganz alleine aufs Band hüpft und für ihren 5.-Klasse-Spendenlauf trainieren will.
6. Welche Zusatzoptionen gibt es?
Mich hat es bislang nicht gereizt, mich mit Tausenden anderen Usern zu vergleichen. Positiv finde ich, dass ich die Einheiten anschließend auf andere Trainingsplattformen wie Strava hochladen kann und mir auch dort die detaillierten Ergebnisse (unter anderem km/h, Distanz, Watt und Herzfrequenz) angezeigt werden.
Gestört hat mich, dass ich keine eigenen Trainingssessions programmieren kann mit Intervallen und anderen Vorgaben. Hat man einen eigenen Trainingsplan, gibt es aber immerhin die Option, das Laufband ganz ohne Kurs zu nutzen und manuell mit Drehen am Rädchen die eigenen Intervalle zu laufen.
Außerdem für einige Nutzer hierzulande sicher ein Manko: Bislang sind die meisten Peloton-Kurse auf Englisch.
Fazit
Wer überlegt, ein Peloton-Laufband zu kaufen, sollte bedenken, dass es sich nicht mal eben schnell im Schrank verstecken lässt, wenn Besuch kommt. Außerdem sollte das Band in einem Raum stehen, den man ordentlich lüften kann.
Der Preis von 2495 Euro hat es in sich. Wer aber gerne zu Hause trainiert und sich virtuell motivieren und von anderen Usern anspornen lässt, für den ist das Peloton Tread genau das Richtige. Vielleicht gibt es ja auch nette geräuschunempfindliche Nachbarn, mit denen man sich das Gerät teilen kann.
Mehr: Lohnt sich das Peloton Bike, oder ist es ein teurer Staubfänger?